Zahlreiche Bauherren haben es schon am eigenen Leib erfahren. Die Rede ist von Problemen auf dem Bau oder einfacher gesagt zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber. Arbeiten wurden unsauber erledigt oder es kam zu Fehlern bei der Ausführung. Liegt ein Baumangel oder gar ein Bauschaden vor, besteht die Pflicht, dies umgehend dem Bauherrn zu melden. Wir möchten im Folgenden aufzeigen, was bei einer Bedenkenanzeige zu beachten ist.
Was genau ist eine Bedenkenanzeige?
Gemäß § 4 VOB/B wird die Bedenkenanzeige oder auch die Bedenkenanmeldung vom Auftragnehmer an den zuständigen Auftraggeber geschickt. In der Mitteilung oder auch Anzeige sind alle Bedenken enthalten, die für weitere Leistungen gemäß dem aktuellen Status relevant sind. Dazu zählen unter anderem eine mangelnde Qualität der Baustoffe oder eine Unfallgefahr. Damit die Beweislage nachvollziehbar ist, ist es Pflicht, die Bedenkenanzeige schriftlich zu verfassen. Dies sollte vor den nächsten Arbeitsschritten erfolgen.
Üblicherweise sollte eine Leistung gemäß den Planungsunterlagen erbracht werden. Dennoch kann es dabei zu Mängeln kommen. Auch wenn jeder Auftraggeber für seine eigenen Gewerke haftet, hat der Auftragnehmer die sogenannte Prüf- und Hinweispflicht. Zur Prüf- und Hinweispflicht gehören Kontrollen der verschiedenen Gewerke auf der Baustelle. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass der Baufortschritt sicher und korrekt abläuft.
Auftragnehmer sind verpflichtet, bei Fehlern oder Mängeln eine Anzeige der Bedenken zu stellen. Ein Musterbrief zum Bedenken anmelden kann helfen, den Prozess leichter zu gestalten.
Warum ist die Bedenkenanzeige wichtig?
Es kann zu schwerwiegenden Problemen durch Qualitäts- oder Baumängel kommen. In einigen Fällen treten bereits bei der Planung erste Fehler auf. Auch minderwertiges Baumaterial oder Fehler bei der Art der Ausführung können zu Problemen wie zum Beispiel Risse in den Wänden führen.
Handwerksunternehmen sind für Mängel bei den Arbeiten verantwortlich, sodass jeder Auftragnehmer des Bauprojekts seine eigenen Arbeiten mangelfrei erstellen muss. Zusätzlich hat er verschiedene Hinweispflichten, wenn er Fehler oder Mängel von vorhergehenden Gewerken erkennt. Ein Projekt kann nur fehlerfrei und reibungslos ablaufen, wenn alle Beteiligten aufmerksam sind. Ebenfalls Ursache für eine Bedenkenanmeldung sind anspruchsvolle Kundenwünsche oder bautechnisch schwierige Planungselemente.
Sind die Voraussetzungen für eine mangelfreie und saubere Ausführung nicht gegeben, muss sofort eine Anzeige an den Auftraggeber oder den bevollmächtigten Bauleiter erstellt werden. Der Handwerksbetrieb, der die Mängel anzeigt, ist vom Haftungsrisiko befreit.
Nicht selten landen solche Fälle vor Gericht, weshalb es wichtig ist, dass die Anzeige korrekt formuliert wurde. Nur so kann der Auftragnehmer haftungsrechtlich entlastet werden. Sollten Mängel ohne Bedenkenanzeige vorliegen, müssen Experten prüfen, wie offensichtlich der Baumängel waren und ob der Auftragnehmer die Mängel hätte erkennen müssen.
Wann sollte die Bedenkenanzeige gegenüber dem Bauherrn vorgenommen werden?
In § 4 Absatz 3 VOB/B ist genau festgelegt, wann der ausführende Handwerker seine Bedenken anmelden kann. Im besagten Paragraphen heißt es, dass der Auftragnehmer sich unverzüglich und schriftlich möglichst vor Beginn seiner eigenen Arbeiten an den Bauherrn wenden muss, sofern er Bedenken hat. Zu den Hinweispflichten gehören neben der Art und Qualität der Ausführung auch mangelnde Qualität der Baumaterialien, Bauteile oder Qualitätsmängel an den Leistungen von anderen Dienstleistern.
Auch wenn auf der Baustelle ständig Architekten und Planer zugegen sind, welche im Austausch mit dem Auftragnehmer stehen, sind diese nicht die richtigen Ansprechpartner für eine Bedenkenanmeldung. Wollen Auftragnehmer auf der sicheren Seite sein, dann müssen sie sich mit der Bedenkenanzeige direkt an den Bauherrn wenden.
Nicht selten sind sich Handwerker unsicher, wenn sie Bedenken gegenüber dem Bauherren anmelden sollen. Aus Angst vor Streitigkeiten mit dem Bauherrn wenden sie sich dann oft an den Architekten. Sollte es später aufgrund der Mängel zu einem Streit kommen, weisen nicht selten Architekten eine Mitschuld von sich. Daher sollten Handwerker sich nur in Ausnahmefällen an den Architekten wenden. Dieser sollte jedoch mittels einer Vollmacht durch den Bauherren dazu befähigt sein. In allen anderen Fällen ist dieses Vorgehen juristisch nicht sicher.
Experten raten daher Handwerkern, sich mit der Bedenkenanmeldung direkt an den Bauherren zu wenden und zeitgleich den Austausch mit dem Architekten oder Planer zu suchen.
Worauf muss geachtet werden, bei der Bedenkenanzeige gegenüber dem Bauherren?
Einige Dinge müssen gemäß der Bedenkenanzeige VOB gegenüber dem Bauherrn zwingend beachtet werden. Dazu gehören:
Richtiger Zeitpunkt – Die Bedenkenanzeige VOB muss sofort und ohne Verzögerung erfolgen. Kann zum Beispiel ein Fliesenleger seine Arbeit nicht korrekt verrichten, weil der Untergrund nicht entsprechend vorbereitet ist, muss dies dem Hausbesitzer gemeldet werden.
Schriftlich – Die Bedenkenanzeige muss schriftlich erfolgen – eine E-Mail ist hier nicht ausreichend. Der Handwerker sollte ein entsprechendes Schreiben verfassen und per Einschreiben an den Bauherren schicken. Nur so ist es möglich, dass im Falle von Streitigkeiten die Bedenkenanzeigen aus juristischer Sicht korrekt angezeigt wurden.
Inhalt des Schreibens – Alle entdeckten und vorhandenen Bauschäden, die bedenklich sind, müssen durch den Handwerker korrekt angegeben werden. Dabei muss erwähnt werden, warum die eigene Arbeit nicht möglich ist. Es reicht also nicht zu sagen, dass die Qualität des Estrichs schlecht ist, denn eine Bedenkenanmeldung gilt auch immer als Warnsignal des Auftragnehmers.
Was muss die Bedenkenanzeige enthalten?
Die Bedenkenanzeige nach § 4 Abs. 3 des VOB/B muss folgenden Anforderungen erfüllen:
fristgerechtes Datum
Name und Anschrift von Auftraggeber (Bauherr) und Auftragnehmer (Bauleiter)
Informationen des Bauvorhabens
Vertragsnummer des Bauvertrages
Datum der Beauftragung
Informationen, an wen die Bedenkenanmeldung gerichtet werden soll
Informationen zur Örtlichkeit wie Stockwerk und Raum
Gründe für die Bedenken – Dabei sollte der Auftragnehmer keine Alternativen oder Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Er könnte so Verantwortlichkeiten übernehmen.
Prognosen zu den Folgeschäden und einer möglichen Gefahr
Bedenken innerhalb einer bestimmten Frist zu prüfen
Hinweis zum Wegfall der Gewährleistung und der Haftungspflicht
Hinweis zur Verlängerung der Bauausführung
Angaben zum Absender
Unterschrift
Umfang einer Bedenkenanzeige
Der Umfang einer Bedenkenanmeldung kann nicht pauschal festgelegt werden. Jeder Fall ist separat zu bewerten. Dabei gilt, je umfassender ein Auftrag ist und je spezifischer die Kenntnisse des Auftragnehmers sind, umso umfassender sollte die Bedenkenanzeige ausfallen.
Zur Bedenkenanzeige gehören die verschiedenen Planungsunterlagen wie zum Beispiel
Ausführungsplanung
Unterlagen des Architekten
Leistungsverzeichnis
Anerkannte Regeln der Technik
Planungsunterlagen zum Bauablauf
Bauordnungsrecht
In jedem Fall muss der Handwerker prüfen, ob anhand der Planungsunterlagen das Bauvorhaben ohne Mängel durchgeführt werden kann. Dabei gilt zu beachten, dass der Umfang der Bedenkenanzeige sich auf den Fall der Vorleistungen beschränkt, welche im Zusammenhang mit der eigenen Leistung stehen.
Frist und Haftung
Laut VOB/B muss die Bedenkenanmeldung unverzüglich erfolgen. In § 13 Abs. 3 des VOB/B ist festgelegt, dass der Handwerker für Schäden haftet, wenn er seine Bedenken nicht unverzüglich gemeldet hat. Dies gilt auch für Mängel, die nicht von ihm verursacht wurden. Wurde ein Schaden oder Mangel nicht unverzüglich gemeldet, dann ist es schwierig oder gar unmöglich den Verantwortlichen für den Mangel zu finden.
Kommt der Handwerker der Hinweispflicht nicht nach, den Mangel sofort zu melden, haftet er sowohl für Folgeschäden als auch für etwaige Unfälle, die aufgrund des nicht behobenen Mangels entstehen sowie für die Kosten, die durch die Bauverzögerung entstehen.
Beispiel einer Bedenkenanzeige
Eine korrekte Bedenkenanzeige gemäß § 4, Abs.3 VOB/B sieht wie folgt aus:
Musterbau GmbH Musterstadt, den 01.01.0000
10000 Musterstadt
Musterstraße 1
An
Firma oder Herr XY
10000 Musterstadt
Musterweg 1
Sehr geehrte Damen und Herren,
gemäß § 4, Abs. 3 VOB/B haben wir als Auftragnehmer die Hinweispflicht, Ihnen als Auftraggeber unsere Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung / Qualität der gelieferten Materialien / Leistungen anderer Unternehmen mitzuteilen.
Unsere Bedenken begründen wir wie folgt:
Was passiert, wenn der Auftraggeber nicht reagiert?
Der Auftraggeber ist laut § 4, Abs. 3 VOB/B der Ansprechpartner für die Bedenkenanmeldung. In vielen Fällen reagiert ein bevollmächtigter Bauleiter auf die Bedenken. Sollte keine Reaktion erfolgen, dann hat der Handwerker die Pflicht, sich direkt mit dem Auftraggeber in Verbindung setzen. Auch dies muss schriftlich erfolgen. Reagiert der Bauherr oder Auftraggeber nicht auf die Anzeige der Bedenken, dann ist höchste Vorsicht geboten. Dies gilt insbesondere bei einer erhöhten Unfallgefahr durch den angezeigten Mangel. Die Verantwortung geht mit der Bedenkenanzeige auf den Auftraggeber über. Der Handwerker haftet dann nicht mehr.
Fazit zur Bedenkenanzeige
Die Bedenkenanzeige bzw. die Bedenkenanmeldung vom Handwerker oder Bauunternehmen ist nicht nur für den Bauherren, sondern auch für den zuständigen Architekten mit Haftungsansprüchen verbunden. Daher sollte eine Bedenkenanzeige in jedem Fall ernst genommen und in der Folge zügig gehandelt werden.
Der Architekt sollte sich mit dem Bauherren beraten und mit ihm nach einer Lösung suchen.