Autor: Tobias Beuler - Fertighausexperte
Kategorie: Fertighaus Anbieter
Datum: 30. Januar 2023
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Inhaltsverzeichnis
Zur energieeffizienten Beheizung eines Gebäudes muss der Wärmebedarf ermittelt werden. Nur so kann der optimal passende Heizkessel mit der richtigen Leistung ausgewählt werden. Wir möchten gerne erläutern, wie auch Privatpersonen den richtigen Wärmebedarf ermitteln können, um so Energie einzusparen.
Wärmebedarfsberechnung – Grundlagen
Für ein Einfamilienhaus wird der Heizwärmebedarf gemäß DIN 4108 Teil 6 berechnet. Es sollen bei der Betrachtung alle Verluste und Gewinne eines Gebäudes ermittelt werden, sodass sie gegeneinander aufgerechnet werden können.
Was ist der Wärmebedarf?
Um den Wärmebedarf (Heizwärmebedarf oder auch HWB) zu berechnen, müssen einige Aspekte berücksichtigt werden. Grundsätzlich wird jedoch mit dem Wärmebedarf die energetische Qualität eines Gebäudes bestimmt.
Laut Norm DIN V 4108 bezeichnet der Heizwärmebedarf die rechnerisch ermittelten Wärmeeinträge vom Heizsystem zur Aufrechterhaltung einer bestimmten mittleren Raumtemperatur in einem Gebäude oder einem bestimmten Bereich des Gebäudes. Somit gibt der Wärmebedarf an, welche Menge an Energie innerhalb eines Jahres benötigt wird, um im Gebäude eine bestimmte Raumtemperatur zu erreichen. Dieser Wert wird in Kilowattstunde (kWh) pro Jahr angegeben.
Wärmebedarfsberechnung – die Formel
Um Wärmeverluste eines Raumes und die notwendige Heizleistung zu berechnen, müssen einige komplexe Rechenschritte durchgeführt werden.
Die Norm-Heizlast wird nach DIN EN 128311 berechnet. Profis verwenden dazu eine spezielle Planungssoftware, die alle nötigen Daten einfügt. Dabei werden die Rechtsvorschriften sowie die EnEV berücksichtigt.
Gemäß DIN EN 12831 ist die Norm-Heizlast eines Gebäudes die Summe der Norm-Heizlasten der einzelnen Räume, wobei die Norm-Transmissionsheizlast (ΦT) und die Norm-Lüftungsheizlast (ΦV) addiert werden.
Somit lautet die Formel für die Norm-Heizlast eines Gebäudes (ΦHL):
ΦHL = ΣΦT + ΣΦV
Für den Laien die Formel vereinfacht dargestellt:
Jahres-Heizwärmebedarf = [Gradtagsfaktor x (Transmissionswärmeverlust + Lüftungswärmeverlust)] – [Nutzungsgrad interner Gewinne x (solare Gewinne + interne Gewinne)] in Kilowattstunden pro Jahr.
Welche Faktoren beeinflussen die Wärmebedarfsberechnung?
Dabei müssen jedoch einige Punkte berücksichtigt werden. Dazu gehören:
Wärmeverluste über die Gebäudehüllflächen (Transmissionswärmeverluste)
Undichtigkeiten in der Gebäudehülle führen zu Lüftungswärmeverluste
Sonneneinstrahlung durch Fenster und Türen sorgen für solare Wärmegewinne
Personen und typische Geräte im Haushalt sorgen für interne Wärmegewinne
Wie kann man den Wärmebedarf berechnen?
Um den Wärmebedarf professionell durch einen Energieberater ermitteln zu lassen, wird dieser das Gebäude in Gruppen unterteilen. Dazu zählen:
Gebäudeteile mit direktem Kontakt zur Gebäudehülle
Gebäudeteile mit Außenflächen wie Dächer, Fenster, Außentüren sowie die kompletten Außenwände
Geschossdecken, welche an einen Dachboden grenzen
Gebäudeteile, die an den Erdboden grenzen wie zum Beispiel Keller und Garagen
Räume mit einem geringen Wärmebedarf wie zum Beispiel Flure, Wintergärten und Treppenhäuser
Gebäudeteile mit innenliegenden Räumen
Beheizte und unbeheizte Räume
Grundrisse des Gebäudes
Anzahl und Position der Verbindungstüren
Innenwände und innenliegende Decken
Diese Daten werden mit weiteren Angaben ergänzt:
Bestimmung des Norm-Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) nach DIN EN ISO 6946
Berechnung der Norm-Transmissionswärmeverluste
Berechnung der Norm-Lüftungsverluste
Daten zum Gebäude sammeln
Bevor mit der Wärmebedarfsberechnung für ein Haus begonnen werden kann, müssen ein paar wichtige Daten zum Haus gesammelt werden. Hierbei geht es in erster Linie um das beheizte Gebäudevolumen sowie um die Nutzfläche und die Gradtagszahl.
Die Nutzfläche ergibt sich aus dem Verhältnis von 0,32 x Gebäudevolumen. Die Gradtagszahl dagegen muss regional bestimmt werden. Mit dieser Zahl wird angegeben, wie oft die Außentemperaturen unter der festgelegten Heizgrenztemperatur liegt. Dieser Wert kann aus Tabellen entnommen werden. Ist es in der Region sehr kalt, dann ist der Wert entsprechend hoch.
Nach Möglichkeit sollte an kalten Tagen mit einer Heizleistung von 480 W gerechnet werden.
Gebäudehüllflächen aufnehmen und vermessen
Neben den erwähnten Grunddaten müssen die Gebäudehüllflächen ausgenommen und vermessen werden. Es geht hierbei um die Wände, Böden, Decken, Fenster und Türen, die an das Erdreich, die Außenluft oder an unbeheizte Räume grenzen.
Dach muss für jeden Bauteiltyp die energetische Qualität bestimmt werden. Gemeint ist damit der U-Wert (Wärmedurchgangskoeffizient). Mit diesem wird angegeben, wie viel Wärme bei einer Temperaturdifferenz von einem Grad durch einen Quadratmeter Bauteil geht. Grenzen Bauteile der Gebäudehülle dabei an unbeheizte Räume, das Erdreich oder an Räume eines anderen Gebäudes, muss das Ergebnis mit verschiedenen Korrekturfaktoren multipliziert werden.
Zusätzlich müssen auch die Verluste von thermisch geschwächten Konstruktionen (Wärmebrücken) berücksichtigt werden.
Ermittlung der Verluste über Hülle und Lüftung
Wenn die Grunddaten vorhanden sind, müssen die Verluste über die Hülle und Lüftung ermittelt werden. Die Summe dieser Transmissionsverluste wird mit folgender Gleichung ermittelt:
Transmissionswärmeverlust = Summe aus (Korrekturfaktor x U-Wert x Bauteilfläche) + (Wärmebrückenzuschlag x Hüllfläche des Gebäudes)
Aus dem Verhältnis der Luftwechselrate, dem Gebäudevolumen und dem Faktor 0,34 ergeben sich die Lüftungswärmeverluste. Hierzu findet folgende Formel Anwendung:
Lüftungswärmeverlust = 0,34 x Luftwechselrate x beheiztes Luftvolumen
Wichtig für die Ermittlung des beheizten Gebäudevolumens und der Luftwechselrate sind gemäß Norm genau Vorgaben. Diese hängen mit der Art der Lüftungstechnik zusammen. Es geht dabei um die freie oder die Ventilatoren gestützte Lüftung und ob bereits ein Luftdichtheitstest durchgeführt wurde.
Um den Wärmebedarf zu errechnen, müssen am Ende die beiden Verlustwerte addiert werden:
Wärmebedarf = Transmissionswärmeverlust + Lüftungswärmeverlust
Solare und interne Wärmegewinne
Sind die Verluste bekannt, müssen die Wärmegewinne berücksichtigt werden. Dadurch wird der Wärmebedarf und somit auch der Energieverbrauch der Heizung gesenkt. Wichtig hierbei sind die solaren und die internen Gewinne.
Für die solaren Gewinne muss die Summe aller transparenten Bauteile gebildet werden. Diese werden danach mit verschiedenen Korrekturfaktoren und spezifischen Einstrahlungswerten der Sonne multipliziert. Die Formel lautet:
Solare Gewinne = Summe (Einstrahlung x Energiedurchlassgrad der Fenster x Fläche x Korrekturfaktoren) pro Himmelsrichtung
Im nächsten Schritt müssen die internen Wärmegewinne ermittelt werden. Diese bestehen aus dem Produkt eines vorgegebenen Wertes und der Länge der Heizperiode in Tagen. Zum Einsatz kommt folgende Formel:
Interne Wärmegewinne = 5 x Nutzfläche x Länge der Heizperiode x 0,024
Im Schnitt beträgt die Heizperiode 185 Tage. Mit dem Faktor 0,024 werden die einzelnen Einheiten umgerechnet.
Ergebnis
Im letzten Schritt zur Berechnung des Wärmebedarfs müssen die Gewinne von den Verlusten subtrahiert werden. Die Gleichung dazu lautet:
Jahres-Heizwärmebedarf = [Gradtagsfaktor x (Transmissionswärmeverlust + Lüftungswärmeverlust)] – [Nutzungsgrad interner Gewinne x (solare Gewinne + interne Gewinne)] in Kilowattstunden pro Jahr.
Dabei ergibt sich der Gradtagsfaktor aus der Gradtagszahl, dem Umrechnungsfaktor 0,024 und dem Korrekturfaktor für die Nachtabsenkung der Heizung. In der standardisierten Berechnung des Wärmebedarfs liegt der Nutzungsgrad interner Gewinne bei 0,95.
Wenn Verbraucher das Ergebnis exakt auf die Nutzfläche ihres Gebäudes angeben wollen, dann müssen sie den Jahres-Heizwärmebedarf im Einfamilienhaus durch die Nutzfläche dividieren. Die Einheit Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr ist das Ergebnis.
Wie kann ich meinen Wärmebedarf reduzieren?
Um den Wärmebedarf im Gebäude zu reduzieren, sollte zügig an eine Modernisierung der Heizung gedacht werden.
In Bezug auf die Investitionskosten einer neuen Heizung ist dies die effizienteste Lösung. Alle anderen Möglichkeiten der Modernisierung rechnen sich erst längerfristig.
Fazit zur Berechnung des Wärmebedarfs
Mit der Berechnung des Wärmebedarfs der Heizungsanlage bilanzieren sich sowohl die Wärmegewinne als auch die Wärmeverluste eines Gebäudes. Gemäß der DIN 4108 Teil 6 kann man den Wärmebedarf berechnen. Dadurch wird ein Vergleich der energetischen Qualität von verschiedenen Gebäuden möglich. Gerade für den Hausbesitzer ist es wichtig durch die Wärmebedarfsberechnung zu erfahren, wie viel Wärme nötig ist, um das ganze Jahr über das Haus entsprechend zu beheizen. Um die Heizkosten tatsächlich zu berechnen, reicht nicht nur die Wärmebedarfsberechnung, sondern es müssen auch Kenntnisse über die Qualität der Heizung vorhanden sein.
Die Wärmebedarfsberechnung ist sehr kompliziert. Sie kann jedoch mithilfe von Tabellen und Software (Wärmebedarfsrechner) schnell erledigt werden. Um fundierte Ergebnisse zu erhalten, sollte die Wärmebedarfsberechnung von einem Profi durchgeführt werden.
FAQs zum Thema Wärmebedarfsrechnung
Warum ist eine Wärmebedarfsrechnung wichtig?
Welche Informationen werden für eine Wärmebedarfsrechnung benötigt?
Für eine Wärmebedarfsrechnung werden folgende Informationen benötigt:
- Gebäudegeometrie (Grundfläche, Gebäudehöhe, Fensterflächen, Dachneigung usw.)
- Baustoffe der Gebäudehülle (Wärmedurchgangskoeffizienten)
- Anzahl der Bewohner
- Daten zur Heizungsanlage (Heizsystem, Heizflächen, Regelungstechnik)
- Informationen zur Warmwasserbereitung
- Werte für die Außentemperatur und das Nutzerverhalten
Welche Normen und Richtlinien gelten für Wärmebedarfsrechnungen?
In Deutschland gelten für Wärmebedarfsrechnungen die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) und des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Diese enthalten Normen und Richtlinien, die die Berechnungsmethoden und Anforderungen für den Wärmebedarf von Gebäuden festlegen. Dazu gehören beispielsweise die DIN V 4108-6 für den sommerlichen Wärmeschutz, die DIN V 18599 für den Energiebedarf von Gebäuden und die DIN EN ISO 13790 für die energetische Bewertung von Gebäuden.
Als Experte für den Fertighausbau widmet sich Tobias Beuler, der Gründer von Fertighausexperte, allen Fragen rund um Ihr Bauprojekt.
Technisch ausgebildet von der HWK, kaufmännisch ausgebildet von der IHK und weitergebildet im WBZ der Universität St. Gallen sowie vom Bundesverband deutscher Fertigbau, begleitet Tobias Beuler seit 2000 europaweit den Auf- und Ausbau von Fertighäusern. Nachdem er jahrelang selbst auf Baustellen tätig war, bietet er sein Insiderwissen über Fertighausexperte.com seit 2018 an, um Andere bei Ihren Fertigbauprojekten zu unterstützen und ist in TV und Print als Bauexperte bekannt. Mit seinem Buch “Bau keinen Scheiss” ist er seit Juli 2024 auch Spiegel Bestseller Autor.
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